Die Querung

ANKUNFT & LAGEBESPRECHUNG

Bereits vor meinem Abflug nach Spanien erhielt ich von Laura Gutiérrez Diaz, der Präsidentin der ACNEG (Asociaciòn Cruce a Nado del Estrecho de Gibraltar) eine WhatsApp- Nachricht mit der Bitte, dass ich gleich am Abend meiner Ankunft in Tarifa bei ihr vorbeischauen möge.

Gesagt, getan! Also saß ich am Sonntag, dem 29.7., etwas nervös vor Laura in ihrem Büro in der Altstadt von Tarifa. Dort eröffnete sie mir, dass wohl der einzige Tag für eine Querung gleich übermorgen, also der 31. Juli und somit der erste Tag meines Zeitfensters, sei. Danach würde der Ostwind kommen, der sogenannte Levante, der die ersten Tage ziemlich kraftvoll ist und dann mehrere Tage anhält. Der Levante ist zwar für die vielen Surfer und Kitesurfer in Südspanien ein Geschenk, für Schwimmer aber die Hölle. Wenn dieser Wind weht, ist an ein Durchschwimmen der Straße von Gibraltar wegen der heftigen Wellen und der starken Strömungen absolut nicht zu denken.

Ich sagte also gleich zu! Ich musste über meine Zusage auch gar nicht lange nachdenken, da dieser zeitliche Ablauf auch für mich perfekt war. Montag zum Entspannen und  Auffüllen meiner Energiespeicher nutzen und Dienstag gegen Mittag starten… ideal!!!

ABLAUF

Danach wurden mir von Laura noch die wichtigsten Dinge für die Querung erläutert: Der Schwimmer wird von zwei Booten begleitet! Ein Boot fährt ca. 30-50m vor dem Schwimmer und gibt ihm den Kurs und die Geschwindigkeit vor, diesem Boot muss der Schwimmer zu jedem Zeitpunkt der Querung folgen. Das zweite, kleinere Schiff, ein Schlauchboot, fährt direkt neben dem Schwimmer und versorgt ihn stündlich mit Essen und Getränken. Auf diesem Boot würden auch meine Begleiter, nämlich meine Schwester Vera und mein Papa mitfahren. 

Die erste Stunde muss man durchschwimmen, da einen sonst die Strömung gleich zu Beginn zu weit abtreibt. Danach folgen alle 45 Minuten Verpflegungspausen.

Die Gefahren in der Straße von Gibraltar sind hauptsächlich die riesigen Tanker, Handelsschiffe und bis zu 5.000 Tonnen schweren Fähren, die die Wasserstraße zwischen Spanien und Marokko zu einer der meistbefahrenen Schifffahrtsrouten der Welt machen.

Weiters gibt es auch noch 7 verschiedene Wal-  und Delfinarten und auch Haie, aber laut Laura bekommen nur etwa 5% der Schwimmer überhaupt einen dieser Meeressäuger zu Gesicht. Außerdem versicherte sie mir lachend: „They are just there for travelling, not for eating!”

ABENTEUER MEINES LEBENS

Laura riet mir auch, am Montag ein kleines Testschwimmen in der Bucht „Playa chica“ = Mädchenstrand im 15°C kalten Meerwasser zu absolvieren quasi als Gewöhnung an die kalte Meerestemperatur des Atlantiks. Nach einem Montag mit Völlerei und angenehmen Nickerchen, führte mich mein Weg Dienstag gegen 11 Uhr zum Hafen von Tarifa, äußerst angespannt und voller Erwartung.
Dort bekam ich nochmals eine kleine Einführung mit strikten Anweisungen der beiden Skipper, Antonio und seiner Tochter Cristina, für die 14-20km lange Strecke. Ich zog meine Badehose an und wurde von meinem Vater ausgiebig mit einer Mischung aus Vaseline und Lanolin gegen die Kälte eingecremt.

Anschließend bestieg ich das Hauptboot, das mich zu der vorgelagerten „Isla de las Palomas“ fuhr. Meine Crew bestieg das Beiboot mit den Versorgungsrationen.

Diese Halbinsel gleich neben dem Hafen ist der südlichste Punkt des europäischen Festlandes und der Startpunkt für die Überquerungen. Dort erhielt ich das Kommando mich bereit zu machen. Ich startete mit einem eher zögerlichen Sprung hinein in das 15,8 Grad kalte Wasser, ich war sofort hellwach in dieser Kälte.

Nachdem ich eine kurze Distanz zurück zum Land geschwommen war und dieses berührt hatte, gab mir der Kapitän mit einem Pfiff das endgültige Startsignal für mein großes Abenteuer. Der Start erfolgte um 11:39 Uhr.

Auf den ersten Kilometern war das Meer sehr unruhig, wellig und kalt. So war ich nach einer Stunde nur rund 3,3 km weit gekommen. Die 1. Trinkpause stand um 12:40 Uhr an:

0,5 Liter Powerdrink mit 2 Teelöffel Maltodextrin versetzt. Sie durfte laut Anweisung nur maximal 1 Minute lang dauern, da sonst die Boote und der Schwimmer zu weit von der Ideallinie abgetrieben werden und man dann viel mehr Zeit für die Querung braucht.

Im 1. Drittel der Querung traf ich auf viele große Schiffe, das größte war 400 m lang und mit unzähligen Containern beladen. Die riesigen Wellen waren bis zu 2m hoch, obwohl ich ca.1,5 km davon entfernt schwamm.

Doch dann änderte sich die Situation plötzlich wie aus dem Nichts. Die Straße wurde sehr ruhig, die Wassertemperatur stieg auf ca. 21 Grad und ich hatte eine gute Strömung, die etwas für mich arbeitete. So konnte ich fast die gesamte restliche Querung mit einem Tempo von fast 6 Kilometern pro Stunde schwimmen.

Das Schwimmen ging gut voran, doch ich hatte keine Ahnung, wie weit ich bereits geschwommen war. Um 13:25 Uhr war die 2.Trinkpause angesetzt. Was ich nicht wusste war, dass ich bereits die Mitte der Straße von Gibraltar erreicht hatte.

Ich fühlte mich unglaublich gut. Die einzige Sorge, die ich hatte, war, dass irgendwann die Schmerzen in meiner Schulter beginnen würden. 

Doch statt der Schmerzen kam Unruhe in die Crew meines Begleitbootes. Als ich bei dem nächsten Atemzug nach rechts blickte, sah ich ca. 100m neben mir einen Wal aus dem Wasser springen. Während auf den beiden Booten die Handys und Kameras gezückt wurden, schwamm ich einfach ruhig weiter.

Doch ich hörte ein Klicken und Fiepen unter Wasser, das immer näher kam und dann waren sie auch schon ganz plötzlich neben mir, eine Grindwalfamilie mit ca. 4 Tieren. Einige Meter schwammen sie neben und unter mir und ich versuchte während des Schwimmens mit ihnen auf „walisch“ zu kommunizieren.

Meine Begleiter sagten mir später, dass die Tiere zwischen Begleitboot und mir schwammen und es fast so aussah, als ob sie mich vor den Menschen schützen wollten. Sie drängten das Boot auch ein bisschen ab und ein Tier gab meiner Crew auch einen „Wassergruß“ mit seiner Schwanzflosse ab.

Nach dieser atemberaubenden Begegnung war ich so voller Euphorie und Adrenalin, dass die nächsten Kilometer wie im Flug vergingen. Nach ca. 2 Stunden 20 Minuten war die 3. Ess- und Trinkpause: 0,5 l Getränk + eine halbe Banane. Fernando, der Bootsführer, sagte es sei dies die letzte Pause und noch ca.1,5 km bis zum Ziel.

Ich gab noch mal Vollgas und erreichte unter der Anfeuerung aller um 14:37 Uhr das felsige Ufer von Marokko. Leider konnte ich wegen der starken Brandung dort die Felsen von „Punta Cires“ nur berühren und nicht an Land gehen. Was aber auch gereicht hat, da ich mir bei dieser kurzen Berührung die Hand an einem Seeigel aufspießte.

Fernando pfiff, was als Zeichen für die erfolgreiche Querung der Straße von Gibraltar galt. Ich hatte tatsächlich 15,2 Kilometer schwimmend zurückgelegt.

Meine Crew und die Bootscrew applaudierten und pfiffen! Es war ein super Gefühl es geschafft und mir meinen Lebenstraum erfüllt zu haben.

 

SCHNELLSTE ZEIT DES JAHRES

Als ich danach vollkommen entkräftet aber sehr sehr glücklich auf dem Boot saß und zurückgebracht wurde, sagte mir der Kapitän, dass ich mit einer Zeit von 2 Stunden 58 Minuten nicht nur meine angestrebte Zeit um gut 1,5 Stunden unterboten hatte, sondern auch die beste Zeit aller Querungen dieses Jahres geschwommen bin.

Eine nachträgliche Recherche ergab, dass ich jetzt der schnellste Österreicher und der 7. schnellste Schwimmer überhaupt in der Straße von Gibraltar bin!!!

 

 

Eine kleine Auswahl der BIlder

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